Das (Schach)gehirn – eine Black Box ?!

Als „Black Box“ bezeichnet man u.a. das Modell eines Systems (Gehirns) zur Verarbeitung von äußeren (Schachstellung) und inneren (gespeist aus Erfahrung und Schachwissen) Reizen. Als Output folgt ein Verhalten, eine Reaktion bzw. der nächste Schachzug.

Merkmal der Black Box ist weiter, dass ihr Innenleben im Dunkeln bleibt, z.B. wenn der gewöhnliche Schachspieler die Züge von Großmeistern in komplexen Stellungen zu verstehen versucht – oder die Ergebnisse, die (jugendliche) Vereinsmitglieder zuletzt in Turnieren erzielten. Zugegeben: (Selbst)erklärungsversuche sind mir nicht bekannt, denn Interviews wurden nicht geführt …

Einen weiten Weg, nämlich nach Island, nahmen gleich zwei unserer Vereinsmitglieder (Coco Zhou, Yannick Kather) auf sich, um vom 29. März bis zum 4. April am Reykjavik Open teilzunehmen. Dabei gelang Coco mit einem Sieg gegen einen IM gleich in der 1. Runde ein Paukenschlag. Wie Coco ihren Gegner mit einer „speziellen“ Behandlung der Französischen Verteidigung offensichtlich aus dem Konzept brachte, lässt sich hier nachvollziehen. Schade, dass es Coco im weiteren Turnierverlauf nicht gelang, an diese Glanzleistung anzuknüpfen. Eher unzufrieden mit dem Gesamtergebnis dürfte auch Yannick sein, der u.a. zwei Niederlagen gegen nominell deutlich schwächere Gegner quittieren musste.

Bemerkenswerte Resultate erzielte auch Bhuvana Reddi bei der Berliner Frauen-Blitz-Einzelmeisterschaft am 1. April: Sie gewann gegen die ersten beiden, im Schnitt 500 DWZ-Punkte höher eingestuften, der Setzliste und erzielte am Ende gute 5/11 in einem starken Teilnehmerinnenfeld. Dies reichte trotzdem „nur“ zu Platz 2 in der Jugendwertung, da Bhuvi u.a. gegen zwei Konkurentinnen in dieser Kategorie verlor. Der gesamte Endstand findet sich im Bericht des Berliner Schachverbandes.

Zunehmender Beliebtheit erfreut sich eine Turnierform, bei der 4er-Gruppen mit jeweils etwa gleicher Spielstärke der TeilnehmerInnen gebildet werden. Damit werden die häufig großen Spielstärkeunterschiede der Paarungen bei Schweizer-System-Turnieren vermieden. Gespielt werden drei Runden, die häufig an einem einzigen Tag ausgetragen werden (reduzierte Bedenkzeit). 

Am nach diesem Modus ausgetragenen, als Jugendturnier angelegten „Vier Kant Turnier“ des SC Zitadelle Spandau am 1. April nahmen neun (!) Vereinsmitglieder teil: Aakrit Seth (2/3), Semyon Ryazanov (0,5/3), Jamee Wiesel (2/3), Helena Burchardi (1/3), Ahmad Ahmadov (1/3), Konstantin Burchardi (0/3), Anton Liu (2/3), Leonard Vozhzhov (2/3) und Justus Burchardi (0/4, 5er-Gruppe). 

Am 2. April zog der Tross bereits weiter, nämlich nach Kreuzberg ins Willy-Brandt-Haus der  SPD zum Jugend-Schnellschachturnier der Schachfreunde Berlin. Ihren Ruf als sehr gute Schnellspielerin bestätigte Yiyi Xiao, die 5/7 (20. Platz) erzielte und mit dem 1. Preis in der Kategorie „Bestes Mädchen“ ausgezeichnet wurde (einzig die deutlich ältere Malina Lange vom SV Mattnetz Berlin landete vor ihr in den Haupträngen). Die weiteren Resultate unserer TeilnehmerInnen: Aakrit Seth (4,5/7; 29.), Semyon Ryazanov (4/7; 48.), Helena Burchardi (3/7; 80.), Konstantin Burchardi (3/7; 82.), Barbara Schumacher (3/7; 84.), Ahmad Ahmadov (3/7; 94.), Justus Burchardi (2,5/7; 103.)

Ein Highlight war, dass zur Siegerehrung die beiden jungen deutschen Spitzenspieler GM Vincent Keymer und GM Alexander Donchenko erschienen, eine Schaublitzpartie austrugen, Autogramme gaben und sich gemeinsam mit den Preisträgern ablichten ließen. Parallel zum Jugendturnier waren zuvor im Willy-Brandt-Haus auch zwei Wettkämpfe der Schach-Bundesliga ausgetragen worden.

Wie sich zeigt, ist nach dem Abklingen der Pandemie der Bedarf und erfreulicher Weise auch das Angebot von Live-Schach sehr hoch.

Epilog: Während dort, wo in der Wissenschaft mit dem Modell der Black Box gearbeitet wird, es das Ziel ist, trotz des (zunächst) obskuren Geschehens zuverlässige Zusammenhänge zwischen Input und Output herzustellen, ist es in der (Schach)pädagogik eher umgekehrt: Niemals wird es gelingen, den Output zuverlässig vorherzusagen – aber es ist von großer Bedeutung, wie dieser Zustande gekommen ist …