BPMM Achtelfinale: Überraschung verpasst! (Aktualisierung von Heinz Uhl: Diagrammstellung)

Nach langem und spannendem Kampf unterlag unsere Mannschaft den im Schnitt deutlich über 200 DWZ-Punkten stärker besetzten Schachfreunden Berlin mit 1,5:2,5. Die Brettreihenfolge Yannick Kather (schwarz), Heinz Uhl (weiß), Thomas Heerde (weiß), Martin Sechting (schwarz) erwies sich als geschickter Schachzug. Zwischendurch schien ein Außenseitererfolg des SC Weisse Dame im Bereich des Möglichen, doch am Ende reichte es nicht. Hier geht es zu allen Ergebnissen des Achtelfinales.

Aus den sporadischen Beobachtungen des Externen Spielleiters und vereinzelten Äußerungen der Protagonisten ergab sich folgendes Bild des Wettkampfverlaufs:

Heinz erhielt von seinem Gegner mit dem Tausch der Damen im 16. Zug ein frühes Remisangebot. Dieses lehnte er ab, weil er in dem absehbaren Endspiel mit Turm- und Läuferpaar auf beiden Seiten aufgrund der aktiveren Figurenstellung bequem auf zwei Ergebnisse spielen zu können glaubte. Nach dem Tausch eines Läufers stand er dann auch besser. Den Vorteil in einen Sieg umzumünzen gelang aber nicht, sondern die Partie endete schließlich nach mehrfacher Stellungswiederholung mit einem Remis.

 

Uhl – Modler: Stellung nach dem 27. Zug von Schwarz

Anmerkungen von Heinz Uhl:

Mit meinen vorangegangenen Zügen hatte ich darauf abgezielt, in der abgebildeten Stellung 28.Lb6! mit Eroberung des schwarzen a-Bauern folgen lassen zu können. Falls Schwarz den Bauern mit 28…Ld8 verteidigt, erlangt Weiß mit 29.Ld4! klaren Vorteil: Nach 29…Td1 30.e3 sind die schwarzen Figuren nahezu manövrierunfähig und Weiß droht, mit Tb7 nebst Tc5-d5-d7 über die siebte Reihe oder alternativ mit Te5 ins schwarze Lager einzudringen.

Letztlich entschied ich mich dann aber für 28.Tb7, weil ich die Doppel-Fesselung von Läufer und Turm nach 28.Lb6! Tb8?? vermeiden wollte, die ich in meinen Berechnungen zuvor überhaupt nicht auf dem Plan hatte. Denn der Versuch, mittels 29.Tc6? den Turm auf b5 unter gleichzeitigem Angriff auf den gegnerischen Läufer mit Tempo von dessen Pflicht zur Deckung des eigenen Läufers zu entbinden, wird durch 29…Ld8! widerlegt: Nach 30.Ld4 Txb5 31.Lxa1 verfügt Weiß nur über einen geringfügigen Vorteil struktureller Art und 30.Lxd8 Txd8 (natürlich nicht 30…Txb5?? wegen 31.Lf6! +–) 31.Txa5 Tdd1 bietet nach dem erzwungenen 32.f4 sogar Schwarz die besseren Chancen.

Leider übersah ich dabei jedoch, dass ich im Fall von 28.Lb6! die Antwort 28…Tb8?? überhaupt nicht zu befürchten gebraucht hätte. Aufgabe für den geneigten Leser (Lösung am Ende des Berichts): Warum nicht?

 

„Das hat Spaß gemacht“, konnte hingegen Martin nach seiner „Partie des Tages“ resümieren. In einer Aljechin-Verteidigung begegnete er dem gegnerischen Angriff am Königsflügel umsichtig und geschickt, unter anderem mit dem Verzicht auf die Rochade, und konnte sogar einen Bauern am Damenflügel einheimsen. In der Folge konnte Martin seine Figuren dann exzellent in Szene setzen und seinerseits gefährliche Drohungen gegen den gegnerischen König aufstellen. Vielleicht kam Martin dabei zugute, dass sein „gesunder“ Mehrbauer den Gegner daran hinderte, Vereinfachungen anzustreben. Bereits auf Verlust stehend, übersah Martins Gegner im Anschluss an ein (inkorrektes?) Qualitätsopfer eine taktische Wendung, was die Partie sofort endgültig entschied.

Thomas ging sehr engagiert zu Werke (wie gewohnt, möchte man sagen), was bereits in der für Thomas nicht unbedingt typischen Wahl des 1. Zuges (e4) zum Ausdruck kam. Der Lohn war Raumvorteil und ein aktiver Springervorposten, während der Gegner Schwierigkeiten hatte, seinen Lc8 vernünfig ins Spiel zu bringen. Ein Durchbruch gelang jedoch nicht. Stattdessen gab es nach einigen Verwicklungen eine bemerkenswerte Materialverteilung, die Thomas‘ Gegner mit drei Leichtfiguren (inklusive Läuferpaar) und Mehrbauer gegen zwei Türme jedoch die besseren Perspektiven bot. Als Thomas beim Bemühen, einen Bauernverlust zu vermeiden, eine Qualität einbüßte, war die Partie schließlich gegen ihn entschieden.

Yannick konnte seine Partie nicht nur lange Zeit ausgeglichen gestalten, er hätte im Mittelspiel sogar einen Bauern gewinnen können. Er nahm jedoch an, sich diesen auch noch einen Zug später bei dann noch druckvollerem Spiel einheimsen zu können. Leider übersah er dabei eine Verteidigungsmöglichkeit seines Gegners, sodass es mit gleicher Bauernzahl ins Endspiel Läufer (Gegner) gegen Springer (Yannick) ging. Yannick geriet nun zwar in die Defensive, doch obwohl er später einen Bauern hergeben musste, war dem unbedarften Zuschauer nicht klar, ob das dem Gegner zum Sieg reichen würde, da der Springer das Vorrücken des rückständigen Mehrbauern verhinderte. Letztlich fand der Gegner ein feines Durchbruchsmotiv, dass ihm unter Opfer seines Läufers gleich zu drei Freibauern verhalf, die Yannick mit seinem König und Springer allein nicht mehr alle gleichzeitig aufzuhalten vermochte.

Ob die Stellung bei präziser Verteidigung noch zu halten gewesen wäre, ließ sich auch bei einer kurzen Nachbetrachtung unmittelbar im Anschluss an die Partie nicht klären. Jedenfalls handelte es sich um ein äußerst lehrreiches Endspiel, das eine Veröffentlichung nach tiefgehender Analyse (vielleicht in der nächsten Gardez?) verdienen würde. Nach großer kämpferischer Leistung dürfte es für Yannick nur ein schwacher Trost sein, dass unser Verein aufgrund der Berliner Wertung auch bei einem Remis am ersten Brett ausgeschieden wäre …

 

Lösung der Aufgabe:

Im Fall von 28.Lb6! verbietet sich 28…Tb8?? wegen 29.Ld4!! +–.