BMM 2021/22 – ein Nachtrag zur 5. Runde

Wie Ralf bei seinem Resümee unseres Mannschaftskampfes der ZWEITEN in der Landesliga schon sehr treffend beschrieben hat, spielte Greg eine ganz hervorragende Partie mit einem wirklich außergewöhnlichen Finale, welches ich hier noch als Nachtrag präsentieren möchte.

Grigorios Sklavounos – WFM Sylvia Wolf
BMM 2021/2022, Landesliga, Weisse Dame 2 – Rotation Pankow 2

Beim Betrachten des nachfolgenden Diagramms wird man sich gewiss nach einigen Augenblicken fragen, was hier Schwarz am Zug überhaupt noch ziehen kann, nachdem nämlich Greg gerade mit 42.Df8 seiner erfahrenen und spielstarken Gegnerin ein riesiges Problem gestellt hat; der angegriffene Turm kann weder vernünftig wegziehen noch zufriedenstellend gedeckt werden.

   

Die knappen Varianten diesbezüglich lauten:

42…Td7? 43.Sc5+ +-
42…Tg7? 43.Sc5+ Kb6 44.Sxe4 +-
42…Dd6? 43.c4 nebst 44.c5 +-
42…Dg5?? 43.Db8#

Muss also die Nachziehende an dieser Stelle nun die Hand rüberreichen? Nein, denn aufgeben kann man ja später auch noch. Vielmehr greift sie mit ihrem völlig überraschenden Zug nach dem letzten Strohhalm, der aus Bambus zu sein scheint:

42…Lxg2+!   Was für ein wunderbarer Desperado!

Als Kiebitz ist mir hier der Schreck in die Knochen gefahren und ich bedauerte Greg an dieser Stelle, nachdem ich erkannt zu haben glaubte, dass er wohl das Dauerschach nach 43.Txg2 De1+ 44.Tg1 De4+ 45.Tg2 De1+ würde zulassen müssen. Greg aber blieb – zumindest äußerlich – ganz ruhig, obwohl er nach diesem Einschlag bestimmt ebenfalls einen erhöhten Puls bekommen haben dürfte. Eine ganze Weile passierte nun nichts. In diesen Minuten mühte ich mich, Varianten mit dem alternativen Schlagen auf g2 zu berechnen. Und weil es mir dabei noch nicht mal ansatzweise gelang, für den weißen König eine sichere Marschroute zu finden, um dem zu erwartenden Schachgewitter der schwarzen Schwerfiguren zu entkommen, hielt ich eine Fortsetzung der Partie mittels 43.Kxg2 für zu spooky und nicht für spielbar. Für mich war diese Stellung remis.

43.Kxg2!! Unglaublich, ich wollte meinen Augen kaum trauen! 43…Tg7+ Und wohin nun? 44.Kf1! Großartig, auch die Engine ist darüber voll des Lobes. 44…Da1+ 45.Ke2 De5+ 46.Kd3 Td7+ Greg musste zuvor natürlich auch 46…Txg1 berechnet haben, wonach dann aber 47.Sc5+ Kc7 48.De7+ Kb6 49.Sd7+ Ka5 50.Sxe5 die schwarze Dame gewinnen würde. 47.Kc4

Absolut nichts für sensible Gemüter, denn Dame, Turm, Springer können den weißen König bei seiner Flucht kein bisschen unterstützen … einzig der kleine c-Bauer wird ihm gleich zuverlässigen Schutz bieten.

 47…Td4+ Auch nach 47…Dd4+ findet der König ein sicheres Plätzchen: 48.Kb3 Dd5+ 49.Ka3 +-. 48.Kb3 De3+ 49.Kb2 Endlich ist es geschafft, und vermutlich stand in der gesamten Schachhistorie ein König nie sicherer. 49…De5 Ein letzter Versuch.

50.Dg7!+   Der Schlusspunkt einer grandiosen Partie. 1–0

 Tiefe und exakte Variantenberechnung im Verbund mit beeindruckender Nervenstärke – das war ein unheimlich starker Vortrag von Greg! Aber auch seiner Gegnerin gebührt großen Respekt für ihren Kampfgeist und das Aufspüren dieser spektakulären Ressource im 42. Zug. Bravo!