Meistens wird hier auf der Homepage von den glor- und ruhmreichen Leistungen der Spielerinnen und Spieler der Weissen Dame berichtet. Der Autor berichtet zur Abwechslung einmal vom grauen und misslungenen Turnieralltag.
In Niedersachsen gibt es schon seit einigen Jahren eine kleine Turnierserie mit Wochenendturnieren. Das Turnier in Peine (liegt nahe Braunschweig in Richtung Hannover) wurde zum zweiten Mal durchgeführt. Vom 06.-08.Juli 2018 standen für die 60 Teilnehmer 5 Runden Schweizer System – mit einer Bedenkzeit von 2 Stunden für 40 Züge und 30 Minuten für den Rest der Partie – auf dem Programm.
Martin Sechting hatte sich schon länger angemeldet und ich gesellte mich kurzfristig dazu. Hochmotiviert freuten wir uns auf ein gemeinsames Turnier. Gesetzt waren wir an 8 (Manfred) und 11 (Martin).
Pannen:
Unter dieser Überschrift war die Anreise nach Peine zu verbuchen. Ich reiste mit der Bahn von Berlin über Braunschweig nach Peine und Martin von Hannover aus. Daraus wurde aber nichts, denn eine Sperrung der Strecke Hannover-Peine-Braunschweig machte uns einen Strich durch die Rechnung.
Ich nahm in Braunschweig ein Taxi, zahlte in Peine eine deftige Rechnung, war aber 1 Std. vor Turnierbeginn pünktlich am Zielort. Bei Martin ging es weniger gut. Sein Zug wurde über Hildesheim nach Braunschweig (!) umgeleitet; von dort nahm er dann auch ein Taxi. Die Zugumleitung kostete aber reichlich Zeit und Martin kam erst wenige Minuten vor Rundenbeginn am Spielort an.
Es war also alles andere als eine entspannte, gemütliche Anreise und wir setzten uns entsprechend gestresst zur ersten Runde ans Brett.
Pleiten:
Konzentrationsmängel, fehlendes Stellungsverständnis und fehlerhafte Berechnungen waren bei Martin und mir an der Tagesordnung. Kein Wunder, dass wir zum Schluss nur je 3 Punkte holten und einiges an DWZ den Gegnern überließen.
Martin hatte zwischendurch auch starke Phasen, so dass er immerhin ungeschlagen blieb.
Martins Partie in Runde 1 gehört eindeutig in die Pleiten-Kategorie; das Anreise-Chaos erklärt allerdings die ausgelassenen Möglichkeiten.
Heckl (Braunschweig, DWZ 1488)
Sechting (WeDa, DWZ 1995)
Mit 11.exf5 hxg5 12.fxg6 fxg6 hätte Martin deutlich in Vorteil kommen können. Schwarz kann die zahlreichen Bauernschwächen (e6, g6, g5) auf Dauer nicht verteidigen. Martin stand zwar nach 11.Sxf7 Kxf7 12.exf5 gxf5 auch besser, aber Schwarz konnte sich nach und nach konsolidieren.
Auch wenn man etwas auslässt, gibt es in vielen Partien eine zweite Chance. Man muss aber wachsam sein und sie erkennen…
Heckl (Braunschweig, DWZ 1488)
Sechting (WeDa, DWZ 1995)
Die Stellung ist an sich ausgeglichen: Schwarz hat den Bauern g6 blockiert und Weiß muss ihn gedeckt halten. Jedoch war der letzte schwarze Zug 39… b7-b5 ??? ein Riesen-Bock. Martin spielte mechanisch: 40.Ld3 bxa4 41.bxa4 und wenig später einigten sich die Spieler auf Remis.
Bei der Analyse fand Martin natürlich 40.b4 !!! Schwarz kann sich nun drehen und wenden wie er will: Weiß erhält einen freien a-Bauern. Der weiße Läufer hält den schwarzen Freibauern und deckt zudem den eigenen Bauern g6, so dass der weiße König gewinnbringend zum Damenflügel eilen kann. Zum Beispiel: 40… axb4 41.a5 b3 42.a6 Sc8 43.Lxc6 b2 44.Le4 Sa7 45.Kf4 Sc6 46.Ke3 usw.
Meine absolute Pleite-Partie war Runde 5. Die ganze Partie über war ich unkonzentriert und ließ mehrfach vorteilhafte Fortsetzungen aus. Zum Schluss stellte ich dann die Dame ein.
Abo Bakara (Peine, DWZ 1814)
Lenhardt (WeDa, DWZ 2024)
Ein Beispiel aus der Partie: In der Diagrammstellung spielte ich 15.Sa3. Unverständlich, dass ich das einfache 15.Sxd6+ Dxd6 16.dxe5 ausließ. Nach Rückgewinn der Figur auf f6 hat Weiß einen Bauern mehr (es folgt noch axb5) und einen großen Entwicklungsvorsprung. Stockfish bewertet dies mit +2,9 für Weiß.
Pech:
Gibt es Pech im Schach? Ich ordne mal meine Partie aus der 3.Runde gegen IM Jugelt (DWZ 2377) zunächst unter Pech ein.
In der Eröffnung hatte ich sehr viel Zeit verbraucht, um meinem Gegner die Rochade zu verderben. Der Rochadeverlust erwies sich allerdings als nicht weiter schlimm, aber ich hatte viel Zeit investiert. Im 24.Zug hatte ich noch 5 Minuten bis zum 40.Zug auf der Uhr. Ich berechnete ein Läuferopfer, sah aber bei der knappen Zeit ein späteres für mich entscheidendes Folgeopfer nicht. So verzichtete ich auf das Läuferopfer und ging dann sang- und klanglos ein. Hätte ich doch mehr Zeit gehabt!
War das Pech? Eigentlich nicht. Die knappe Zeit, war eine Folge einer schlechten Stellungsbewertung (der Rochadeverlust hatte keine Bedeutung) inklusive des dafür benötigten hohen Zeitaufwandes.
Das war’s vom PPP-Turnier in P – in der Hoffnung, dass das nächste Turnier ein EE-Turnier wird (= extrem erfolgreich).