Allerlei Postfaktisches zum BERLINER MEISTER-Titel und Wiederaufstieg der ERSTEN, das bietet Cäpt’n Kais lang ersehnter Saisonrückblick, kunstvoll garniert mit jeder Menge (mehr oder weniger) alternativer Fakten aus der Feder der meisterlichen Helden.
DER FLUG DES PHOENIX
Oder:
Cäpt’n Kais V -Strategie und allerlei Postfaktisches zum BERLINER MEISTER-Titel und Wiederaufstieg der ERSTEN
Noch immer erinnere ich mich gerne an den „Flug des Phoenix“, diesen unvergessenen Film um einen abgedrehten, misanthropisch-verbissenen deutschen (Modellbau-) Flugzeugkonstrukteur (Hardy Krüger sen.), der nach dem Flugzeugabsturz des Phoenix mit Hilfe einer Behelfskonstruktion die große Rettung für die verbliebenen Absturzopfer herbeiführte.
Und wenn man einmal über den Tellerrand unserer Schachspiele aus dem Fenster des Nachbarschaftsheims auf den benachbarten Spielplatz hinausschaut oder ihn gar betritt (was außer Fotograf Heinz Uhl bis dahin allerdings wohl ein jeder von uns verabsäumte), so bietet sich folgendes überraschende Bild – Sinnbild unserer „Aufholjagd“ und Symbol der Hoffnung!
Doch in diesen postfaktischen Zeiten sollten wir uns nicht mit der halben Wahrheit der sensationellen (bzw. so wirkenden) Aufholjagd und ihrem überaus glücklichen Ende begnügen. Dass dafür aber nun auf einmal die abgetragene und eigens für den Wiederaufstieg reanimierte Glücksjacke des Captains verantwortlich sein soll, na das ist doch nun wirklich Quatsch, das glaubt dir ja niemand und welcher Schachspieler ist schon so abergläubisch?- also damit konnte ich wirklich nur Fotograf Thorsten beeindrucken, der es sich tatsächlich nicht nehmen ließ, das Ganze ex-post auch noch getreulich zu dokumentieren.
Nein, nein, die ganze postfaktische Wahrheit ist der große Plan, der – anders als in dem grandiosen1 Film – sogar bereits den zuvorigen Absturz mit einschloss!
Das sei Unfug, das gibt es doch nicht? Hier ist der Beweis:
Nimmt man den Tabellenplatz in der jeweiligen Runde, erkennt man strukturell betrachtet schnell ein Muster, genauer gesagt: ein V.
Was sich hinter diesem V wohl verbirgt? Na, dreimal darfst du raten: Verborgen (nun, knapp daneben; Victory, schon besser- jedenfalls nicht falsch; aber richtig ist natürlich: V . . . . e – na, das bekommst du auch selber raus! :-)) … und wenn doch nicht, geht’s hier zum Suchbild.
Jedenfalls musste der energetisch denkende und lenkende Kapitän die Kraftreserven seiner Equipe von Beginn an realistisch einschätzen: schließlich hatte das beim letzten Berliner Meistertitel auch ganz gut funktioniert („Minimalismus als Chance“); aber diesmal musste eine viel feinsinnigere und verdecktere Strategie her, die der Mannschaft wirklich einiges abverlangte.
In der ersten Runde war ja alles noch ganz einfach: einfach mit einem souveränen 6:2- Sieg gegen die Zweite gleich mal an die Spitze setzen. So könnte es weitergehen, dachten viele. Aber das entsprach nicht den energetischen Gegebenheiten. Man schaue sich das einmal bei unserem – in der Tat überraschenden – Hauptkonkurrenten Berolina an. Die waren ab dem 4. Spieltag auf Platz 1. Und dann wurde die Luft da oben immer dünner, bis es dann in der letzten Runde gewissermaßen doch noch zum Strömungsabriss kam…
Jedenfalls taten wir in Runde 2 alles dafür, trotz überlegener Stellungen gegen einen ersatzgeschwächten Gegner Friesen Lichtenberg entgegen aller Wahrscheinlichkeit noch die (aus heutiger Sicht) rettende Niederlage einzuläuten: Insbesondere Manfred leistete hier wertvolle Zuarbeit, aber am Ende musste sich Heinz heldenhaft opfern, der statt eines Königszuges, der den Gewinn brachte, sich einfach mitten auf dem Brett mattsetzen ließ! Erst dadurch war die Niederlage besiegelt. Das war knapp!
In der nächsten Runde ließ uns unser Gegner SF Nordost allerdings keine reelle Chance, den Sinkflug umgehend fortzusetzen. Dabei gaben wir uns alle Mühe, gegen reduzierte Gegner den Sieg zu verschenken. Spätestens, nachdem Manfreds Gegner nach wenigen Zügen …
Stellung nach 5. … h5
… einfach das Brett verließ und nicht wiederkam, war der 5:3-Sieg aber kaum noch zu verhindern, was aber auch nicht nötig war, da wir ja noch genügend Runden vor uns hatten.
Schließlich bot das vermeintliche Spitzenspiel gegen die Schachfreunde Berlin III bereits die nächste Gelegenheit, wobei wir den direkten Konkurrenten allerdings nicht allzuweit von uns ziehen lassen durften. Ein 4:4 musste also her. Hendrik legte hierfür mit seiner einzigen Niederlage den Grundstein, indem er sich durch Anhäufung nachhaltiger positioneller Schwächen mehr oder weniger widerstandslos besiegen ließ. Nachdem es dann trotzdem fast nicht zur Punkteteilung gereicht hätte und ein knapper Sieg drohte, zauberte ich meinem Gegner mit dem vermeintlichen Zug des Jahres (so Franko Mahn) ein Lächeln auf die Lippen.
Stellung nach Te2 – Schwarz zieht und gewinnt
Venske – Riemay 0:1
Es klappte: 4:4! Und wieder ein bisschen mehr in der Tabelle abgestürzt- Platz 5- super!
Dann kam aber unser Meisterstück im direkten Duell mit dem neuen Spitzenreiter Berolina Mitte: Niemand durfte schließlich bemerken, mit welcher Strategie wir uns nach vorne bewegten- nicht einmal alle Spieler waren eingeweiht. Ingo schreibt zum Beispiel in seinem Rückblick zu seiner Partie gegen Thilo Keskowski:
„Eine Gewinnstellung wie so oft in dieser Saison verspielt, danach mit Einsatzwillen und Minusfigur eine Festung gebaut und verteidigt.“
„Und während ich mit dem Festungsbau befasst war, kam der Wutschrei von Thorsten („Das kann doch nicht wahr sein!! Mein Gott, bin ich ein Idiot!!“) und ich sah Thorsten vom Brett weggehen (Ta7??).
Somit haben wir aus zwei Partien einen halben Punkt geholt.
Ich hoffe, diese Hinweise geben dir etwas Inspiration.“
Ja, lieber Ingo, wenn du wüsstest: ausgerechnet ob deines Festungsbaus war es diesmal dem scheidenden Großen Vorsitzenden – dem zugegebenermaßen das eine oder andere in dieser Saison misslang – überlassen, zum Finale Furioso zu blasen und dann auch noch mit einer glänzenden schauspielerischen Leistung zu imponieren. Nicht umsonst haben wir alle direkt nach dem Aufstieg auf Ta7 (!!) angestoßen.
Ta7 …
Groß – Hölz 0:1
Na, und mal ehrlich, lieber skeptisch und irritiert dreinschauender Leser dieses Berichtes, wie sonst ließen sich sowohl ein Zug wie Ta7 als auch der nachfolgende – völlig ungewohnte und so gesehen völlig abwegige – Gefühlsausbruch unseres Großen Vorsitzenden erklären? Das war jedenfalls die Krone! Und mit der daraus folgenden Niederlage von 3,5:4,5, die uns einen komfortablen 4-Punkte-Abstand zum Spitzenreiter bescherte, war nun wirklich nach außen für Ruhe gesorgt, mit Rang 6 konnte ich die Mär vom entspannten Dasein im Reich der Mitte ausbreiten und wir konnten uns noch entspannter an die Aufholjagd machen. Sehr erfreut war ich mit der diesbezüglichen Kommentierung unseres Externen Spielleiters Johannes in der GARDEZ, der die dargebotene, gleichsam von mir gefressene Kreide aus meinem Rundenbericht bereitwilligst aufnahm:
„Die ERSTE: Da konnte Captain Kai so viele Knöpfe drücken wie er wollte, der Aufstiegslift ist im „Reich der Mitte“ stecken geblieben, zu Buche stehen derzeit 5:5 Mannschaftspunkte. Inwieweit dafür „technisches“ oder menschliches Versagen verantwortlich ist, darüber darf gerne gerätselt werden. Jedenfalls dürfte das Saisonziel eines Wiederaufstiegs in die Oberliga klar verfehlt werden. Und der Captain mahnte vorsichtshalber schon mal an, man müsse jetzt erst einmal den Klassenerhalt in der Landesliga sicherstellen.“
Nun hieß es also: locker, aber konzentriert aufspielen gegen Zita und die große Aufholjagd beginnen.
Das war natürlich nicht so einfach, zumal es Zita selber auch auf den Titel abgesehen hatte. Deshalb entschlossen wir uns zu einer Überraschung der besonderen Art:
Nein, damit ist nicht gemeint, dass ein übermotivierter gewisser Dr. A. bereits eine Woche zuvor vor dem Spandauer Spiellokal auftauchte und sich wunderte, dass niemand außer ihm da war (klingt zugegebenermaßen postfaktisch, aber ist nicht minder plausibel wie das plötzliche Wegbleiben von Gegnern am Brett, die V-Strategie mit all ihren furiosen Implikationen wie einzügigen Matts, Sb1 und Ta7 sowie die komplette Absage von Kämpfen).
Die Rede ist natürlich vom Waldmann-Gambit, das infolge Zuhausebleibens unseres goalgettenden Ersten Brettes entscheidend dazu beitrug, dass alle Berechnungen des WeDa-kundigen Gegners ins Leere laufen mussten. Und dann waren da natürlich unter anderem auch noch ein gewisser Heinz Uhl, der ab jetzt so richtig frisch aufspielen durfte und natürlich besagter Dr. A., dem die zusätzliche Bewegung ordentlich Schwung verliehen hatte. Also 5:3.
Auch in der nächsten Runde gewannen wir gegen den späteren Tabellenzweiten Rotation II ebenfalls recht souverän mit 5:3 (wobei uns das Fehlen des gegnerischen ersten Brettes sicherlich zugutekam), während Martin von einer überaus effizienten Vorbereitung profitierte:
Geheimtipp vom V-Strategen per SMS
(Anmerkungen von Martin Kaiser)
„In dieser Partie war die Vorbereitung entscheidend und verschaffte mir eine schöne kurze Gewinnpartie, die einerseits meine Mannschaftskameraden während des Kampfes entspannte und andererseits zusätzlich einen wichtigen Punkt zu unserem 5:3-Sieg gegen Rotation Pankow 2 beisteuerte. Dies war meinerseits umso erfreulicher, da die Skandinavische Verteidigung, die mein Gegner zu spielen pflegt, mir schon einige empfindliche Niederlagen einbrachte. Seit Jahren beantworte ich 1.e4 d5 konsequent mit 2.Sc3, um hierdurch den typischen skandinavischen Strukturen aus dem Weg zu gehen. Dieser Zug hat leider den großen Makel, dass Schwarz einfach nach 2. Sc3 ed 3.Se4: Dd5 4.Sc3 in die gewohnten Fahrwässer überlenken kann. Nachdem ich mir ernsthaft darüber Gedanken machte, schon im ersten Zug abzuweichen, wollte ich doch mal Kai dazu befragen und bekam um 22:00 vor dem Spieltag noch den Geheimtipp per SMS mit dem Vorschlag, Skandinavisch mit 3.Sf3 zu spielen. Bei der anfänglichen Untersuchung wollte ich die Variante schnell verwerfen, als ich die komplizierten Verwicklungen betrachtete, ließ mich letztendlich aber von den resultierenden druckvollen Möglichkeiten für Weiß überzeugen. Ab ca. 2 Uhr tankte ich den nötigen Schlaf und war morgens pünktlich am Brett. Vielen Dank nochmal für den Tipp, Kai. Und große Anerkennung an meinen Gegner, der sonst die ganze Saison ungeschlagen blieb und gerade zur Partie beruflich und familiär viel um die Ohren hatte und vielleicht deshalb nicht sein bestes Schach zeigen konnte.“
1.e4 d5 2. exd5 Dxd5 3. Sf3 (Der Hauptvorteil im Vergleich zu Sc3 ist, dass der c-Bauer mobil bleibt.) Lg4 4. Le2 (Die Zugreihenfolge halte ich hier für wichtig; 4. d4 kann mit e5 beantwortet werden) Sc6 5. d4 O-O-O 6. c4 (Hiermit wird das Zentrum verstärkt, aber natürlich steht der Bauer d4 unter starkem Beschuss. Bei genauem Spiel kann Weiß eine starke Druckstellung aufbauen, indem er d4 befestigt, dauerhaft den Befreiungsstoß e5 erschwert und langsam mit a3 und b4 am Damenflügel vorrückt. Mein Gegner investierte indes sehr viel Zeit für die nächsten Züge und hatte Mühe, sich an die richtige Fortsetzung zu erinnern. Mein Bedenkzeitvorsprung lag schon bald bei einer ganzen Stunde) Df5. Df5 gilt als bester Damenzug, aber auch 6. … Dd7 und Dh5 sind gut erprobt.
Stellung nach 6. … Df5
Kaiser – Freyberg 1:0
7. Le3 (d4 wird befestigt) e6? (hiermit geht die Strategie von Weiß auf; als bestes wird der Bauernraub 7…. Lf3: 8. Lf3: Sd4: 8. Ld4: De6+ 9. Le2 De4 10. 0-0 Dd4: 11. Da4 angesehen, wobei Weiß einen sehr starken und langandauernden Angriff erhält, bei dem für Schwarz überall Gefahren lauern) 8. Sbd2 Sb4?! (Mein Gegner ist in starker Zeitnot und versucht Komplikationen und ungewohnte Stellungsbilder zu erzeugen, die hier eher Weiß in die Hände spielen. Trotzdem eine gute Reaktion gegen die drohende Bauernwalze am Damenflügel) 9. O-O Sc2? (Der Verlustzug, wonach Weiß eine überwältigende Initiative erlangt. Ich hatte mit c5 gerechnet, wonach Schwarz zu nicht ungefährlichem Gegenspiel kommt, wobei hier auch Weiß nach 10.Da4 Vorteil besitzt.) 10. Tc1 Lxf3 11. Sxf3 Sxe3 12. fxe3 De4 13. Db3 (die schwarze Stellung steht vor dem Zusammenbruch, der Königsflügel ist komplett unterentwickelt und der weiße Läufer droht tödlich auf die Diagonale h1-a8 zu wandern.) f6 14. Sg5! (droht tödlich Lf3; Schwarz hat noch etwas Widerstand geleistet. Die Drohungen von Weiß sind aber nun so stark, dass die Partie nicht mehr zu retten ist. 14.Se5! wäre auch ein schöner Zug gewesen) Dh4 15. Sxe6 Ld6 16. Sf4 g5 17. g3 Dh6 18. Lg4+ Kb8 19. Lf3 b6 20. Se6 Te8 21. c5 1:0 durch Aufgabe
Und nach diesem Sieg gegen Rotation II kam auch Johannes allmählich die Erleuchtung:
„Ich weiß nicht, was wirklich in den Köpfen unserer Spitzenmannschaft vor sich geht, nach außen gibt man sich jedenfalls betont zurückhaltend: Vor allem solle man entspannt bleiben (ein viel strapaziertes Wort in den letzten Wochen), man müsse die beiden noch ausstehenden Mannschaftskämpfe ja auch erst einmal gewinnen (ja was denn sonst?!), laut Orakel liege die Wahrscheinlichkeit für einen Aufstieg zwar wieder, aber eben auch nur bei 13,5%.
Papperlapapp! Orakel können irren, sogar Spielleiter. Faselte ich doch in meinem Bericht in der aktuellen Ausgabe der GARDEZ! etwas von „stecken gebliebenem Aufstiegslift“, dabei war die ERSTE längst in die Aufstiegsrakete umgestiegen, während die Triebwerke der Konkurrenz zu husten begannen. Nun also werden die letzten beiden Stufen gezündet, um ins Himmelreich der Oberliga zurückzukehren und das geht so: … Am Ende läge die ERSTE mit 13 Mannschaftspunkten punktgleich mit zwei anderen Mannschaften aufgrund der höheren Ausbeute an Brettpunkten ganz vorne!“
Fast hätte er in seiner Kolumne mein anhaltendes Understatement, das für den schlussendlichen Erfolg natürlich von größter Bedeutung sein würde, ins Wanken gebracht. Als noch gefährlicher erwies sich das LIGA-Orakel, das uns mit einem radikalen Schwenk, insbesondere nach unserem durchaus eindrucksvollen 6,5:1,5-Erfolg gegen Chemie Weißensee, plötzlich zum Titelfavoriten erklärte. Diesem musste ich schließlich energisch seine Kompetenz absprechen, was mir aber auch nicht schwerfiel, da ein wirkliches Orakel lange vor Vorliegen von Faktizitäten die richtigen Voraussagen treffen sollte, wie das z.B. das berühmte Orakel von Delphi und von Friedenau einst taten.
Wirklich gefährlich wurde es dann aber, als unser dem Abstieg geweihter Gegner Queerspringer die Schlussrunde absagte. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt. Die ganze Strategie drohte plötzlich zu scheitern. Denn was wäre passiert, wenn alle vorher davon erfahren hätten? Zita hätte sich z.B. überhaupt keine Hoffnungen mehr machen können, selber Meister zu werden, was den Kampf gegen Berolina negativ hätte beeinflussen können. Dabei hatte ich so schön in meinem Bericht dafür gesorgt, Berolina mit der vermeintlichen Angstgegnerschaft in Sicherheit zu wiegen. Das hätte jetzt nach hinten losgehen können, wenn Zita in dieser Situation zusätzlich entmutigt angetreten wäre. Aber noch schlimmer war die Vorstellung, dass Schachfreunde III, die sich auch wieder nach vorne gearbeitet hatten (war da etwa eine ähnliche Strategie am Werke?) mit einem Kantersieg in letzter Runde gegen Rotation II brettpunktemäßig an uns vorbeigeschossen wären. Wie das gegangen wäre? Na weil die Turnierordnung in solchen Fällen wie dem unseren dem kampflosen Sieger nur Brettpunkte nach Erwartungswert zubilligt- was unter Umständen wegen der nominell starken Aufstellung von Queerspringer nur 4,5 gewesen wären.
Nein, so viel Aufregung am Ende. Ist aber alles gut gegangen- da haben wir wirklich noch einmal Glück gehabt, denn dass wir es im Fernduell mit Sfr. III nicht selber in der Hand haben würden- das war wirklich nicht geplant! (Und dann war da ja noch das 4:4 von Zita bei Berolina)
So aber ist alles aufgegangen und wir haben es nach dem sehr unglückseligen Oberliga-Abstieg aus dem Vorjahr umgehend wieder geschafft, den Berliner Meistertitel (unseren 5.) und damit den Wiederaufstieg zu erreichen.
Ja, diese Saison bot viel Außergewöhnliches und Skurriles und dem oberflächlichen Betrachter, der die Tabelle nicht beizeiten eingehend zu studieren vermochte, stellt sich dieser Titelgewinn als ausgesprochen glücklich und wundersam dar. Selbst wenn dem so wäre, so haben wir aber – und ab Runde 6 ist dies sicherlich auch unbestritten – gewiss auch unser Teil dazu beigetragen.
Hier wäre zuallererst unser erstes Brett Achim zu nennen, der – allen strategischen Erwägungen sowie dem überbordenden Anfall von Klassenarbeiten trotzend – einfach lospunktete und aus seinen gespielten 7 Partien grandiose 6 Punkte erzielte, was ihn angesichts einer Performance von 2475 auch DWZ-mäßig wieder weit nach vorne katapultierte (+40).
Hier sein Bericht zu seiner brenzlig anmutenden Partie gegen Dr. Modler (Sfr. Berlin III), in der sein Sieg ein entscheidendes 4:4 sicherte.
Hendrik hätte es Achim beinahe gleichgetan, aber 6/8 sind an Brett 2 nicht minder beeindruckend! Auch Hendrik konnte damit die 2200-er-Marke – einstweilig zumindest – wieder deutlich überschreiten (+29).
1.c4 Sf6 2.g3 e6 3.Sf3 b6 4.Lg2 Lb7 5.0–0 c5 6.Sc3 Le7 7.Te1 d5 8.cxd5 Sxd5 9.e4 Sb4 10.d4 cxd4 11.Sxd4 S8c6 12.Sxc6 Lxc6
Stellung nach 12. … Lxc6
Möller – Zur 1:0
Schwarz ist in der Entwicklung etwas zurückgeblieben, deshalb wollte ich den Damentausch vermeiden. Auch der Springer auf b4 steht etwas wackelig, sofern er nicht vorteilhaft nach c2 oder d3 gehen kann fehlen ihm die guten Rückzugsfelder. Das offensichtliche Dg4 funktioniert nicht, daher…13.De2!? [13.Dg4 h5! 14.De2 (14.Dxg7? Lf6–+) 14…Dd3 Nun kann Weiß dem Damentausch nicht mehr gut ausweichen. 15.a3 Dxe2 16.Txe2 Sd3 17.Le3=] 13…Dd3 14.Dg4 Dd4? [14…h5? 15.Dxg7 Das ist der Punkt: Ohne die Dame auf d8 geht Lf6 nicht mehr.; 14…0–0 Das wäre besser gewesen. Auch wenn Weiß einige Tempi gegen die vorgepreschten schwarzen Figuren gewinnen kann, hält sich der Schaden noch in Grenzen. 15.Lh6 Dd4 (15…Lf6? 16.e5+- Schwarz verliert eine Figur.) 16.Tad1 Df6 17.Le3±] 15.Le3? [15.Td1! Sd3 (15…Df6 16.a3 Sc2 17.e5+-) 16.Le3 Dc4 17.Lf1 Ein kleiner Schönheitsfehler, Weiß gewinnt eine Figur. Das haben wir beide übersehen. 17…0–0–0 18.De2+-] 15…h5 16.Df3 Df6? Die weiße Dame will sowieso nach e2. [16…Dd7] 17.De2!+-
Stellung nach 17. De2!
Möller – Zur 1:0
Von den letzten 5 Zügen hat die weiße Dame 4 bestritten, die schwarze Dame auch 3 von 4. Während die weiße Dame nun schön zentralisiert auf e2 steht und dem schwarzen Springer die Felder c2, d3 und a6 nimmt, fühlt die schwarze Dame sich auf f6 nicht so recht wohl. Es droht unmittelbar a2-a3 mit Figurengewinn, auch e4-e5 muss Schwarz im Auge behalten.17…Td8 18.Tad1? [18.a3! Sd3 19.Ted1 Se5 20.Txd8+ Lxd8 21.f4 Sg4 22.e5+- Das wäre der sofortige KO-Schlag gewesen. So gewann ich am Ende nur langweilig nach Punkten…] 18…Ld7 [18…Lb7? 19.e5+-] 19.h4 Dg6 20.a3 Sc6 21.Sb5 0–0 22.Sd6 e5 23.Sf5 Tfe8 24.Lf3 Sd4?! 25.Sxe7+ Txe7 26.Lxd4 exd4 27.Txd4 Tde8 28.Lxh5+- Weiß hat zwei Bauern gewonnen und muss seinen Vorteil nur noch unfallfrei verwerten. 28. …De6 29.Lf3 Db3 30.Td3 Da4 31.Dd1 Dxd1 32.Lxd1 Lc6 33.f3 f5 34.Tde3 fxe4 35.Lc2 Td7 36.Lxe4 Lxe4 37.fxe4 Kf7 38.T1e2 Ke6 39.Kf2 Ke5 40.Tf3 g6 41.Tb3 Tf8+ 42.Ke3 Tdf7 43.Tb5+ Ke6 44.Tg5 Tf3+ 45.Kd2 Kf7 46.Te3 Tf1 47.e5 Td8+ 48.Kc3 Tc1+ 49.Kb3 Td2 50.Tc3 Tf1 51.Tc7+ Kf8 52.Txg6 Te1 53.Td6 1–0
An Brett 3 folgte ich glatt meiner V-Strategie: Siege am Anfang und am Ende flankierten eine weniger ertragreiche Zwischenperiode; am Ende stehen 50% und ein leichter DWZ-Verlust (-8).
Venske – Niese 1:0
Unser inzwischen frischgebackener Clubmeister Ingo, der gegenüber der für ihn sehr erfolgreichen Vorsaison diesmal an Brett 4 vorgerückt war, haderte, wie wir bereits vernahmen, ein wenig mit sich, erreichte aus 7 gespielten Partien aber immer noch 50% und verschlechterte seine DWZ damit auch nur marginal (-9). Für unser traditionelles „Problembrett“ 4 doch ganz ordentlich!
Heinz spielte an Brett 5 mit kreativem Spiel eine starke Saison und empfiehlt sich langsam aber sicher für höhere Aufgaben. Ein starker Schlussspurt (3/3) mit am Ende 5,5/8 – wobei sogar noch Luft nach oben war – und DWZ-Zuwachs auf 2124. Dieser Einschätzung soll auch sein eher selbstkritisches Fazit keinen Abbruch tun:
Ein starkes Comeback zeigte Martin, der immer wieder mit seinem erfrischenden Stil zu punkten vermochte. Auch hier 5,5/8 und ein starker DWZ-Zuwachs von 30 Punkten auf 2074.
Manfred war erstmalig Stammspieler der Ersten. Mit seinen 4,5/8 wird er an Brett 7 nicht restlos zufrieden gewesen sein, aber er war in jedem Falle eine Verstärkung. Zu seinem Saisonhöhepunkt schreibt er:
„Die wichtigste Partie des Brettes 7 war sicherlich die 6. Runde gegen Zitadelle Spandau. Aufgrund des Waldmanns-Gambits an Sechs vorgerückt, konnte ich mich nach einer Eröffnungsungenauigkeit nur passiv verteidigen, stand gedrückt und so Mancher hatte bestimmt im Geiste den Punkt bereits dem Zita-Konto gutgeschrieben.
Doch Reinhard Giese passte nicht auf und plötzlich lief es wie geschmiert in die andere Richtung.“
Schwarz zieht und erlangt Vorteil
Giese – Lenhardt 0:1
31… c4 32.Sd6+ Kc7 33.Tc1 (31.Sxf7 c3 32.bxc3 bxc3 -+ und nach La3 macht der c-Bauer das Rennen) 33… c3 34.bxc3 Txc3 35.Tb1 Sc6 36.Lf1 b3 37.Sc4 Sd4 38.fxe6 fxe6 39.Kf2 Lc5
Stellung nach 39. … Lc5
Giese – Lenhardt 0:1
„Was für ein Unterschied zum vorhergehenden Diagramm! Die schwarzen Figuren spielen perfekt zusammen, bedrängen den weißen König und unterstützen den Freibauern. Schwarz gewinnt Material und plötzlich steht eine 1 anstatt der 0 in der Ergebnistabelle und der Mannschaftssieg, der die erfolgreiche Aufholjagd zur Meisterschaft einleiten wird, ist in Reichweite.“
40.Ke1 Sf3+ 41.Kd1 Sxh2 42.Sd2 Sxf1 43.Sxf1 Ld4 44.Sd2 Txg3 45.Sxb3 Tg1+ 46.Kc2 Txb1 47.Kxb1 Lxe5 0–1
Thorsten hätte sich bei seinem Comeback in der Ersten – zumal an Brett 8 – sicherlich mehr als 2/8 ausgerechnet, steuerte aber manch wichtiges Remis bei. Minus 68 DWZ sind gleichwohl eine richtig bittere Pille. Kann nächstes Jahr nur besser werden! Doch auch dem Großen Vorsitzenden sei noch einmal Platz für einen gelehrten Partiekommentar eingeräumt:
Die Partie, die uns beinahe den Aufstieg in die Oberliga gekostet hätte. 1.c4 Nach den eher durchwachsenen Resultaten der ersten Landesliga-Partien musste ich einen neuen Anreiz setzen und wechselte auf 1. c4. Obwohl ich seit 30 Jahren fast immer 1.e4 gespielt (und somit von den Feinheiten nach 1. c4 keine Ahnung hatte), bin ich eigentlich in allen Partien gut aus der Eröffnung gekommen. Daran lag es also nicht. 1…Sf6 2.Sc3 d6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.d4 c6 6.Sf3 0–0 7.0–0 Sbd7 8.Dc2 Dc7 9.b3 b6 10.Lb2 Lb7 Der schwarze Aufbau überzeugt mich nicht. 11.Tfd1 Tac8 12.Tac1 Tfe8 13.La3 a5 [13…e5 14.dxe5 dxe5 15.Ld6 Dd8 16.Sxe5 kostet einen Bauern.] 14.Dd2 Db8 15.e4 Tcd8 16.h3 h6? Während h3 noch einen konkreten Sinn hatte (nämlich nach d5 die Blockade Sg4-e5 zu vermeiden), ist h6 m.E. einfach eine Schwächung. [mit 16…b5 17.cxb5 cxb5 18.Sxb5 Lxe4= hätte Schwarz hingegen ausgleichen können.] 17.d5± cxd5 18.exd5 Tc8 19.Te1 Jetzt wird der schwache Bauer auf e7 zur Zielscheibe. 19…Sc5 20.Te2?! [20.Sd4 ist genauer] 20…Da8 [20…e5! hätte die Schwäche beseitigt und Schwarz gutes Spiel gegeben.] 21.Sb5 Lf8 22.Se1 Kh7 23.Lb2 Lg7 24.Lc3 Scd7 25.Db2 Db8 26.Sd3 Sc5? 27.Sxc5 dxc5 28.Tce1 Jetzt ist e7 nicht mehr zu halten, Weiß steht klar besser, aber ich spiele in der Folge wegen der relativ knappen Zeit nicht optimal weiter. 28…La6 29.Le5 [29.Txe7 Lxb5 30.Lxf6 Dd6 31.T1e6 wäre noch besser gewesen, aber war mir zu kompliziert.] 29…Sh5 Dieser Zug hat mich komplett überrascht. Es ist aber immer noch alles in Butter. 30.Lxg7 [30.Lxb8 Lxb2 31.Sc7 Lc3] 30…Sxg7 31.Txe7 Lxb5 32.cxb5 [32.Df6 Txe7 33.Txe7 Le8 34.Le4 hätte ein begnadeter Taktiker gespielt.] 32…Dd6 33.De5 Dxe5 34.T1xe5 c4 35.bxc4 Txe7 36.Txe7 Txc4 37.d6 Td4 38.d7 Sf5 39.Txf7+ Kg8 40.Tf6 Txd7 Nach überstandener Zeitnot hole ich mir noch zwei Bauern ab. 41.Txg6+ Kf7 42.Txb6 Td1+ 43.Lf1 Sd4 44.Kg2 a4 45.Ta6 Tb1 46.Txa4 Sxb5
Stellung nach 46. … Sxb5 – Weiß zieht und verliert
Groß – Hölz 0:1
Mein erster Impuls war natürlich, den Läufer gegen den Springer zu tauschen (mit leicht gewonnenem Turmendspiel). Aber wenn der Turm den Springer fesselt, dann muss er z.B. Sc3 spielen, ich kann die Türme tauschen und das ist mit dem entfernten Freibauern doch NOCH gewonnener, oder?! 47.Ta7+??
Legendär …. 0–1
Alexander musste, was wirklich sehr selten der Fall ist und demzufolge auch sehr überraschend war, als Ersatz einspringen und konnte ein wichtiges Remis in Spandau sichern.
Suchbild mit V-Stratege: mittenmang!!
PS: für Freunde alternativer Fakten empfehle ich meine bzw. unsere Rundenberichte.
Oder kurze summary: Trotz zwischenzeitlich unglaublicher individueller Fehler, die uns unnötigerweise viele Mannschaftspunkte kosteten, am Ende glücklicher Erster; Gegner nahmen sich in ausgeglichener Staffel die Punkte gegenseitig weg, sodass am Ende alles wie von Zauberhand aufging; unsere mannschaftliche Geschlossenheit beeindruckte indes, nicht nur hinsichtlich der nahezu durchgehenden Stammbesetzung- fast immer gab es auch (mehr oder weniger erfolgreiche) Vorbereitungstreffen (oder Vorbereitungs-SMS ). Kampf in Spandau brachte die Wende.
Und ganz alternativlos: Ein herzliches Dankeschön an unsere Fans, an Manne, fleißige Webmaster, begeisternde Kolumnisten; herzlichen Glückwunsch auch an die Zweite zum Klassenerhalt (der auch keineswegs ein Selbstläufer war) und Respekt auch vor Berolina angesichts einer Top-Saisonleistung sowie Zitas und Rotation IIs Kampfgeist in der letzten Runde!
Lösung Giese – Lenhardt
Nach 31. … c4! (31. … Lf8 bzw. 31. … g5 führen nur zu Ausgleich) übernahm Manfred die Initiative und verdichtete diese letztlich zum Partiegewinn. zurück zum Text
Lösung Venske – Niese
Mit 23. Sxe4+! nahm Kai den schnellsten Weg (auch 23. Tdf1, 23. Sd5 und selbst 23. a3 reichen zum Gewinn). Es folgten 23. … fxe4 24. Tdf1+ (noch genauer ist 24. Tgf1) Ke7 25. Tg7+ Kd8 26. De6 1-0 zurück zum Text
1. … Sb1!! legt die größte Schwäche der weißen Stellung bloß – die Grundreihe. zurück zum Text
1 Den der „Evangelische Filmbeobachter“ mit den despektierlichen Worten „Der Film entbehrt jeder Wahrscheinlichkeit, Regie und Spiel können aber nicht allzu anspruchsvolle Liebhaber des psychologischen Reißers einigermaßen zufriedenstellen“ kommentierte- was mich als anspruchsbefreiten evangelischen Filmkonsumenten an der Fortsetzung meiner Kirchenmitgliedschaft zweifeln lässt. Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Flug_des_Phoenix_(1965) zurück zum Text