Von INGO zu URS

Mit Onkel Chrischan auf dem Weg zur Weltformel …

Vergangenes: Familienzwistigkeiten

Die Älteren von uns erinnern sich noch dunkel an eine Schach-Wertungszahl namens INGO, die bereits 1947 in Westdeutschland eingeführt wurde. Für den Durchschnittspatzer strahlte die Zahl 100 eine gewisse Magie aus: wer darunter lag war gut – und wer darüber lag eben nicht; man könnte auch zusammenfassen: „Weniger war mehr!“

In Ostdeutschland entwickelte sich – allerdings deutlich später – ebenfalls der Wunsch nach einer landesweiten Schach-Wertungszahl und so wurde Anfang der 1970er Jahre die NWZ erfunden. Deren Konzeption lehnte sich im Streben nach internationaler Anerkennung an die Wertungszahl der FIDE (ELO) an, getreu dem Motto: „Höher, schneller, weiter …!“

Gegenwärtiges:Gens una sumus!

Minimalistische Konzepte entsprachen zu Beginn der 1990er Jahre in der neu entstandenen Wertegemeinschaft (Schach-)Deutschlands nicht mehr dem Zeitgeist, also wurden sie kurzerhand ersetzt. Ohne aufwändige Grundwertediskussionen setzte sich die maßgeblich ELO-orientierte, allerdings in Teilbereichen national modifizierte DWZ durch. Im Osten nichts Neues, da dies alles dort bereits von Anfang an als bedeutsam erkannt und in der NWZ auch konsequent umgesetzt worden war, wenn auch nicht (gleich) für alle.

Im Laufe der Zeit bekam Mama ELO noch zwei Kinder („Rapid“ und „Blitz“), die nach und nach auf symbiotisch-wundersame Weise auch bei ihrer Tochter DWZ ein wohliges Heim fanden. Dort lebten sie friedlich vor sich hin – bis Anfang dieses Jahres URS auftauchte.

Zukünftiges: Das universale Rating-System – die individualisierte Weltformel

Wie die allermeisten modernen Weltformeln stammt auch diese aus den USA. Mehr als zwei Jahre Forschung stecken nach eigenen Angaben der Entwickler in URS. Zur Zeit gibt es leider nur eine englischsprachige Beschreibung, welche zusammengefasst im Wesentlichen auf Folgendes abzielt:

Es gibt nur eine universell gültige Wertungszahl für jeden Schachspieler – und zwar ausschließlich für die klassische Bedenkzeit. Sowohl die Schnell- als auch die Blitzschachqualitäten eines Spielers haben in jeder Partie zwar ihre speziellen Einflüsse; diese Einflussnahme wird mittels eines (noch geheim gehaltenen) Algorithmus durch unterschiedliche – die Zeitspanne der letzten sechs Jahre umfassende – Gewichtungen angemessen berücksichtigt. Dies geschieht – wie könnte es anders sein – unter Zuhilfenahme neuester, speziell entwickelter Software und modernster Computertechnologie.

Wie so oft bei Neuigkeiten wird innerhalb der Schachgemeinde im Internet gerade heftigst debattiert, gern auch post-faktisch, zuweilen unter der Gürtellinie. In diesem Fall hilft die alte Weltformel von Oma Agnes aus Büttenrade bei Berlin, die einer ihrer Enkel so überliefert: „Oberhalb der Gürtellinie hilft Aspirin – unterhalb grüne Salbe!“